Herero- und Nama-Opferverbände kommen nach Hamburg

Zwischen 1904 und 1908 verübten die deutschen Kolonialtruppen im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika einen Völkermord an den Volksgruppen der Herero und Nama, mit dessen schwerwiegenden Folgen die Nachfahren der Opfer bis in die Gegenwart hinein konfrontiert sind. Diese sind Thema des zweiten Transnationalen Herero- und Nama-Kongresses, den die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e. V. und die Rosa Luxemburg Stiftung Hamburg zusammen mit dem zivilgesellschaftlichen Bündnis „Quo Vadis Hamburg“ am 6. und 7. April in Hamburg veranstalten.

Die Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte Hamburgs wurde vor rund zwanzig Jahren durch verschiedene zivilgesellschaftliche Initiativen, insbesondere durch das Engagement der Black Communities und People of Color angestoßen. 2014 entschloss sich der Senat, die Aufarbeitung des kolonialen Erbes systematisch anzugehen. Zur Erarbeitung der wissenschaftlichen Grundlage wurde an der Universität Hamburg die Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe / Hamburg und die frühe Globalisierung“ eingerichtet, deren Finanzierung Anfang März von der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung um weitere fünf Jahre verlängert wurde. Die Hamburger Museen haben sich in verschiedenen Ausstellungen und Projekten dem Thema angenommen und auch bei der Kontextualisierung der zahlreichen unkommentierten Kolonialdenkmäler in der Stadt gibt es erste Fortschritte. So wurde jüngst in Jenfeld an der denkmalgeschützten Lettow-Vorbeck-Kaserne eine Informationstafel über General Lothar von Trotha angebracht, die seine Verantwortung an dem Völkermord an den Herero und Nama klar benennt.

Weitere Informationen zu dem Kongress finden Sie unter: https://colonial-amnesia-quovadishh.eu/

Der gewaltsamen Durchsetzung der deutschen Kolonialherrschaft fielen etwa 80 Prozent der Herero und 50 Prozent der Nama zum Opfer. Insgesamt starben bis zu 100.000 Menschen; Männer, Frauen und Kinder; die meisten von ihnen ließen die deutschen Truppen elendig in der Wüste verdursten und verhungern. Die Überlebenden wurden enteignet, in Lager interniert, misshandelt, vergewaltigt und zu harter Zwangsarbeit gezwungen. Viele überlebten diese brutale Behandlung nicht. Die Folgen des Genozids sind bis heute in Namibia spür- und sichtbar. Der Völkermord ist ein gesamtgesellschaftliches Trauma, das auch hundert Jahre später psychologisch, wirtschaftlich, sozial, kulturell und politisch nachwirkt.

Welche Rolle hat Hamburg beim ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts gespielt? Welche Spuren der Kolonialgeschichte finden sich im Stadtraum und was passiert mit den erinnerungspolitischen Leerstellen? Diese Fragen stellt der Zweite Transnationale Herero- und Nama-Kongress, zu dem die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e. V. und die Rosa Luxemburg Stiftung Hamburg zusammen mit dem zivilgesellschaftlichen Bündnis „Quo Vadis Hamburg“ am 6. und 7. April nach Hamburg eingeladen hat. Erstmalig zu Gast in der Hansestadt ist eine Delegation von Vertreterinnen und Vertretern der Herero und Nama, die sich im Rahmen der Konferenz mit diesen und anderen Fragen auseinandersetzen werden.

Dass Hamburg in der Geschichte des Genozids an den Herero und Nama eine Schlüsselrolle zukommt, steht wissenschaftlich mittlerweile außer Frage. Die Hafenstadt war die koloniale Handelsmetropole des Kaiserreichs. So war es auch die Hamburger Kaufmannschaft, die 1883 – am Vorabend der Berliner West-Afrika-Konferenz (1884/85) – mit einer Denkschrift an den Reichstag appellierte, deutsche Kolonien in Afrika zu errichten. Der damalige Präses der Hamburger Handelskammer Adolph Woermann dominierte mit seiner Deutsch-Ost-Afrika-Linie jahrzehntelang den Linienverkehr nach Ostafrika und führte später auch die Truppentransporte in die Kolonien durch.

In Anerkennung der moralisch-politischen Verantwortung für die historischen Ereignisse hat der Hamburger Senat anlässlich des zweiten Transnationalen Herero- und Nama-Kongress die Delegation der Herero- und Nama-Opferverbände zu einem Senatsempfang in das Rathaus eingeladen.