Genozid in Namibia – Versöhnung braucht Entschädigung

Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert Entschuldigung und offene
Verhandlungen über Entschädigung mit den Nachfahren der Opfer des Genozids in Namibia

Rund 100 Jahre nach dem Völkermord, den deutsche Truppen im damaligen
Deutsch-Südwestafrika (heute: Republik Namibia) verübten, werden an diesem Freitag
erstmals geraubte Gebeine an Nachfahren der Opfer zurückgegeben. ?Dies ist lange
überfällig, kann aber nur ein erster Schritt in Richtung Aufarbeitung des grausamen
deutschen Kolonialismus sein?, so Yonas Endrias vom Global Afrikan Congress.

Von 1904-1908 führten deutsche Truppen einen Vernichtungskrieg gegen die Herero, Nama
und Damara, um den antikolonialen Widerstand im damaligen Deutsch-Südwestafrika zu
brechen. Unzählige Gebeine von Opfern des Völkermordes und aus den
Konzentrationslagern, welche die deutschen Truppen vor Ort errichteten, wurden ?zu
Forschungszwecken“ nach Deutschland verschickt, um die Überlegenheit der weißen
?Rasse? zu beweisen. Zahlreiche davon übernahm die Berliner Charité, die sie bis heute
in ihrer Sammlung aufbewahrt.

?Bis heute warten die Nachfahren der Opfer auf eine Entschuldigung seitens der
Bundesrepublik Deutschland. Es ist beschämend wie deutsche Politiker sich seit
Jahrzehnten aus der Verantwortung stehlen?, so Armin Massing vom Berliner
Entwicklungspolitischen Ratschlag. Aus Angst vor Entschädigungsansprüchen hat es bis
jetzt keine offizielle Entschuldigung von deutscher Seite gegeben. ?Wir fordern die
Anerkennung des Völkermords sowie eine unmissverständliche Entschuldigung seitens der
Regierung und des Bundestags?, so Judith Strohm von AfricAvenir. Dies sei ein
wichtiger Beitrag zur symbolischen Entschädigung. Ebenso müsse es im deutschen
Bildungssystem und in der Forschung eine gründliche Aufarbeitung von Kolonialrassismus
und Völkermord geben.

?Selbstverständlich muss aber auch eine materielle Entschädigung für den Völkermord
erfolgen, sonst bleibt die immer wieder von der Bundesregierung beschworene ?besondere
Verantwortung? gegenüber Namibia ein zynisches Lippenbekenntnis?, so Christian Kopp
von Berlin Postkolonial. Dafür solle die Bundesregierung mit der namibischen Regierung
sowie mit den Opferverbänden in offene Verhandlungen über Art und Höhe der
Reparationen treten.

Erst auf Druck einer kritischen Öffentlichkeit in Deutschland und Namibia hat die
Charité mit der Rückführung der geraubten Gebeine an die Nachfahren begonnen. Am 30.
September wird nun eine erste Delegation verschiedener namibischer Opferverbände die
sterblichen Überreste von 20 Menschen in Empfang nehmen und zurück nach Namibia
bringen. ?Sämtliche in Deutschland befindlichen geraubten Gebeine aus der Kolonialzeit
müssen zurückgeführt werden?, so Yonas Endrias. Anders als im gegenwärtigen Fall
müssten die kompletten Kosten dafür vom deutschen Staat übernommen werden.

*Historische Fotos zum Download *sowie weitere Informationen:
http://www.restitution-namibia.de

Quelle: Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER)

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