Wie geht es weiter mit dem Bündnis für nachhaltige Textilien?

Das Bündnis für nachhaltige Textilien (BnT, kurz: Textilbündnis) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen und Organisationen mit dem Ziel, die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Textilindustrie in Niedriglohnländern zu verbessern. Die Initiative wurde im Oktober 2014 unter Federführung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegründet und ist eine Reaktion auf den Einsturz einer Textilfabrik in Sabhar, Bangladesch, in welcher viele internationale Textilkonzerne ihre Produkte fertigen ließen.

Ziele und Stand des Textilbündnisses

Offizielles_Logo_-_tex_rgb150_deZiel des Bündnisses für nachhaltige Textilien ist es, die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit entlang der gesamten Textilkette kontinuierlich zu verbessern. Nach langer Konfrontation der Anspruchsgruppen hat die Bundesregierung damit eine beispielhafte Multi-Stakeholder-Initiative aus Unternehmen, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft zur Durchsetzung von Umwelt- und Sozialstandards zusammen geführt. Ein Durchbruch war der Beitritt fast aller deutschen Unternehmen der Branche.

Die Beteiligten haben sich auf Bündnisstandards verständigt, um zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern der Textil- und Bekleidungsindustrie beizutragen. Bei der Verfolgung der sozialen und ökologischen Ziele wird der Aspekt der Wirtschaftlichkeit von Unternehmen maßgeblich berücksichtigt. Auch Grenzen der Machbarkeit, im Besonderen von kleinen und mittelständischen Unternehmen, werden beachtet.

Der Erfolgsdruck stieg, als das Textilbündnis im November 2016 sogar in die deutschen Nachhaltigkeitststrategie einbezogen wurde. Der Umsatzanteil der Mitglieder des Textilbündnisses am deutschen Textil- und Bekleidungsmarkt ist nun ein Indikator, um nachhaltige Entwicklung weltweit zu messen. Derzeit beträgt der Anteil der Mitglieder bereits mehr als die Hälfte. Wesentlich ist jedoch, welche Verbesserungen durch das Textilbündnis für die Arbeiterinnen in der Textilindustrie erreicht werden. Hierfür ist noch nichts bewirkt worden. Das Textilbündnis wurde in April 2016 im Bundestag entsprechend kontrovers bewertet.

Dabei ist derzeit die Definition der Umsetzungsanforderungen für die sozialen und ökologischen Standards und deren Bewertung noch nicht abgeschlossen. Das System für das Monitoring, Reporting und den Reviewprozess des BnT ist erst am entstehen. Im Rahmen des mühselig vereinbarten Review-Prozesses müssen alle Mitglieder bis Ende Januar 2017 auf Grundlage der individuellen Ausgangslagen eigene Roadmaps mit Zielsetzungen erstellt haben. Als inhaltliche Grundlage haben die drei Fach-Arbeitsgruppen Sozialstandards und existenzsichernde Löhne, Chemikalien- und Umweltmanagement sowie Naturfasern Schlüsselfragen und Indikatoren definiert, mit deren Hilfe die Mitglieder ihre Ausgangslage erheben. Die Umsetzung in 2017 gilt als „Jahr des Übens„. Anfang 2018 wird die Erfüllung der Ziele durch eine unabhängige Dritte Instanz überprüft und verifiziert.

Otto Group und Seidensticker steuern Textilbündnis mit

Nachdem sie die Entwicklung des Textilbündnisses tatkräftig unterstützt hat, ist die Otto Group 2015 in den Steuerungskreis gewählt worden. Der Steuerungskreis des Bündnisses für nachhaltige Textilien hat vier neue Mandate verteilt, darunter an den Einzelhandelskonzern Otto Group sowie das Unternehmen Textilkontor Walter Seidensticker.

Ebenfalls mit von der Partie sind die Verbände HDE und Textil + Mode. „Mit der Wahl des neuen Steuerungskreises stellt das Textilbündnis die Weichen für die Zukunft der Initiative“, so Andreas Streubig, Bereichsleiter Corporate Responsibility der Otto Group. Im Juni hatte die Otto Group ihren Beitritt in das Textilbündnis der Bundesregierung angekündigt und gleichzeitig eine internationale Ausweitung des Büdnisses gefordert.

Erfolgsfaktoren

Als Erfolgsfaktoren für das Textilbündnis sehe ich:

  • Strukturelle Veränderungen in den Produktionsländern können nur gemeinsam vom Bündnis angegangen werden, nicht von einzelnen Unternehmen.
  • Es werden nur glaubwürdige Verifizierungssysteme als Nachweis für die Erfüllung der sozialen und ökologischen Standards anerkannt (hoher Grad an Transparenz und Wirkungsmessung sowie Multistakeholder-Ansatz).
  • Die Berichterstattung der Unternehmen stellt die Wirkung der Umsetzungsmaßnahmen in den Produktionsländern, bezogen auf die sozialen und ökologischen Bündnisziele dar.
  • Die öffentliche Berichterstattung der Unternehmen ermöglicht eine belastbare Bewertung der Unternehmensperformance bezogen auf ökologische und soziale Standards.
  • Maßnahmen zur Umsetzung in den öffentlichen Beschaffungsprozessen folgen.
  • Wirksame Sanktionen gegenüber Unternehmen zum Beispiel im Rahmen des CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes, werden eingeführt und Straf- und Bußgeldsanktionen angehoben.

Risiken

Als Herausforderungen sehe ich derzeit:

  • Eine Standardentwicklung dauert mehrere Jahre, weil die gesamte Lieferkette mit Anbau, Spinnerei, Färberei usw. einbezogen werden muss.
  • Wesentliche Faktoren (z.B. Existenzsichernde Löhne, Arbeitssicherheit, Wassermanagement) müssen parallel durch internationale Standards fixiert werden.
  • Fairtrade und andere haben bereits die Kriterien im Umwelt- und im Sozialbereich vorangebracht. Dies darf nicht gedoppelt oder unterlaufen werden.
  • Wenn die Standards gesenkt werden, können umstrittene Discounter Mitglied bleiben, aber ambitionierte Unternehmen haben geringeren Nutzen oder steigen aus, wie bereits geschehen.
  • Firmen könnten einzelne Produkte auf fair umstellen – und nicht ihre ganze Produktion.
  • Das BnT ist von den Anspruchsgruppen aus Deutschland dominiert, während Lösungen in einer derart globalisierten Branche nur international gefunden werden können. Die Ziele sind im internationalen Kontext zu positionieren, bleibt die große Herausforderung.