Jugendliche mit Migrationshintergrund profitieren noch nicht genug vom Aufschwung am Arbeitsmarkt

Ein neuer OECD/EU-Bericht egt zum ersten Mal vergleichende Indikatoren aus allen OECD- und EU-Ländern vor. Dazu wertet er Daten über Bildung, Gesundheit, Wohnverhältnisse sowie zur Einkommens- und Arbeitsmarktsituation von Zuwanderern und Zuwandererkindern aus.

Ein Sonderkapitel beschäftigt sich mit den Kindern von Migranten. In Deutschland ist es in den vergangenen Jahren gelungen, Einwanderer immer besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren, bei den Kindern im Ausland geborener Eltern besteht dagegen weiter Aufholbedarf. Während sich die Beschäftigungssituation von Zuwanderern in Österreich seit 2007 verbessert hat, haben Kinder von Migranten in Österreich noch starken Aufholbedarf gegenüber Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Verglichen mit anderen OECD- und EU-Ländern sind Migranten in der Schweiz vor allem im Arbeitsmarkt gut integriert: 76 Prozent aller Zuwanderer sind erwerbstätig, während es europaweit nur 62 Prozent sind.

Berlin, 2. Juli 2015 (OECD) – In Deutschland ist es in den vergangenen Jahren gelungen, Einwanderer immer besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren, bei den Kindern im Ausland geborener Eltern besteht dagegen weiter Aufholbedarf. Zu diesem Schluss kommt die gemeinsam von OECD und Europäischer Kommission erstellte Studie „Integration von Zuwanderern: Indikatoren 2015“, die Daten zur Bildung, Gesundheit, zu den Wohnverhältnissen sowie zur Einkommens- und Arbeitsmarktsituation von Zuwanderern und Zuwandererkindern auswertet.

Der Anteil arbeitsloser in Deutschland geborener Jugendlicher mit Migrationshintergrund war 2013 mit 15 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der Anteil arbeitsloser Jugendlicher, deren Eltern im Inland geboren sind. OECD-weit lag die Arbeitslosenquote von 15- bis 34-Jährigen, deren Eltern im Ausland geboren sind, nur zwei Prozentpunkte über der Quote Gleichaltriger ohne Migrationshintergrund. Während junge Menschen ohne Migrationshintergrund in Deutschland heute öfter in Arbeit sind als zu Beginn der Krise 2008, ging die Beschäftigungsquote bei im Land geborenen Nachkommen von Zuwanderern um sechs Prozentpunkte zurück.

Auch bei der Bildung bleiben die Kinder von Zuwanderern auf der Strecke: Nur jeder Sechste verfügt über einen Hochschulabschluss oder Meisterbrief, bei den Unter-35-Jährigen ohne Migrationshintergrund ist es jeder Dritte. Im EU-Durchschnitt fällt der Unterschied zwischen jungen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund weit geringer aus, und im Durchschnitt von 16 OECD-Ländern, für die Daten vorliegen, sind Migrantenkinder sogar häufiger hochgebildet als ihre Altersgenossen ohne Migrationshintergrund.

Schaut man auf den Prozentsatz von Migrantenkindern, die trotz eines sozial und/oder wirtschaftlich benachteiligten Elternhauses Erfolg in der Schule haben, so fällt auf, dass er mit vier Prozent erheblich kleiner ist als bei Kindern in Deutschland geborener Eltern. Unter denen schaffen es immerhin 13 Prozent, trotz schwieriger familiärer Verhältnisse zu den leistungsstärksten Schülern zu gehören. Auch hier ist der OECD-Durchschnittswert für Migrantenkinder besser: Den widrigen Startbedingungen zum Trotz zählen 13 Prozent der Zuwandererkinder zu den leistungsstärksten Schülern.

Selbst wenn es Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland schaffen, einen höheren Bildungsabschluss zu erlangen, haben sie größere Probleme am Arbeitsmarkt als Nachkommen in Deutschland geborener Eltern. Die Beschäftigungsquote von Migrantenkindern mit Hochschulabschluss liegt sieben Prozentpunkte unter der von hochqualifizierten jungen Menschen ohne Migrationshintergrund, bei den Niedrigqualifizierten gibt es hingegen keine Differenz. Des Weiteren sind 28 Prozent aller hochqualifizierten, erwerbstätigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund überqualifiziert für ihre Jobs. Bei den 15- bis 34-Jährigen mit deutschen Eltern sind es nur halb so viele. Damit ist Deutschland eines der wenigen OECD-Länder, in denen im Land geborene Kinder von Migranten sogar häufiger überqualifiziert sind als Gleichaltrige, die selbst immigriert sind.

Vor allem im öffentlichen Sektor sind junge Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland trotz verschiedener Maßnahmen immer noch stark unterrepräsentiert. Das ist besonders kritisch, denn in anderen Ländern wirkt dieser Sektor als starker Motor für Integration. Während EU-weit jeder fünfte erwerbstätige junge Mensch mit Migrationshintergrund im öffentlichen Sektor arbeitet, sind es in Deutschland gerade einmal sieben Prozent. Junge Leute ohne Migrationshintergrund sind in Deutschland doppelt so häufig in Verwaltungen, Bildungseinrichtungen oder in der Gesundheitsversorgung tätig wie in Deutschland geborene Nachkommen von Zuwanderern.

Anlass zur Hoffnung gibt allerdings, dass die Kinder von Migranten bei den schulischen Leistungen deutlich aufgeholt haben. Lagen sie bei der Lesekompetenz 2003 noch fast zweieinhalb Jahre hinter ihren Mitschülern ohne Migrationshintergrund, so hatte sich die Lücke 2012 zu mehr als der Hälfte geschlossen. Positiv ist außerdem, dass in gut jedem zweiten Migrantenhaushalt in Deutschland Deutsch gesprochen wird. In den Vereinigten Staaten oder Kanada ist Englisch in Migrantenhaushalten weit weniger verbreitet.

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