Die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) steht in Deutschland aktuell unter massivem Druck. Kürzungen im Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sowie in der humanitären Hilfe des Auswärtigen Amts bedrohen die Fortschritte, die in den letzten Jahrzehnten erzielt wurden. Es ist an der Zeit, die Relevanz und Wirksamkeit der EZ zu verteidigen und eine Erhöhung der Haushaltsmittel zu fordern.
Die Entwicklungszusammenarbeit ist ein unverzichtbares Instrument zur Förderung globaler Gerechtigkeit und Stabilität. Angesichts der aktuellen globalen Herausforderungen ist es wichtiger denn je, die EZ zu stärken und ihre Finanzierung zu sichern. Die Bundesregierung muss die Kürzungen rückgängig machen und die Haushaltsmittel für die EZ deutlich erhöhen, um ihrer globalen Verantwortung gerecht zu werden und die Fortschritte der letzten Jahrzehnte zu bewahren.
Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit
Entwicklungszusammenarbeit ist mehr als nur finanzielle Unterstützung. Sie ist ein Ausdruck globaler Solidarität und ein Instrument zur Förderung von Frieden, Stabilität und Wohlstand weltweit. Durch gezielte Projekte und Programme trägt die EZ zur Bekämpfung von Armut, Hunger und Ungleichheit bei. Sie unterstützt den Aufbau von Infrastruktur, Bildungssystemen und Gesundheitseinrichtungen in den ärmsten Regionen der Welt.
Strategische Autonomie und globale Verantwortung
Laut einem Policy Brief des deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (IDOS) sollte Deutschland eine offene strategische Autonomie anstreben. Dies bedeutet, dass verschiedene Politikbereiche und Akteure integriert werden, um eine gewisse Autonomie zu wahren und gleichzeitig wirksam zu bleiben. Eine starke und gut finanzierte EZ ist ein zentraler Bestandteil dieser Strategie, da sie die Fähigkeit Deutschlands stärkt, auf globale Herausforderungen flexibel und unabhängig zu reagieren.
Die Folgen von Haushaltskürzungen
Die jüngsten Kürzungen im Haushalt des BMZ und der humanitären Hilfe sind ein verheerendes Signal. Organisationen wie Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe warnen, dass diese Einschnitte Menschenleben kosten und die Betroffenen von Konflikten und Katastrophen im Stich lassen. Dagmar Pruin von Brot für die Welt betont, dass die weltweite humanitäre Hilfe ausgebaut werden muss, um den steigenden Bedürfnissen gerecht zu werden. Mehr als 120 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, und allein im Sudan stehen über 750.000 Menschen vor einer Hungersnot.
Langfristige Auswirkungen
Die Kürzungen in der EZ gefährden nicht nur kurzfristige humanitäre Hilfe, sondern auch langfristige Entwicklungsziele. Projekte zur Bekämpfung von Hunger, zur Förderung von Bildung und zur Stärkung von Gesundheitssystemen sind auf kontinuierliche finanzielle Unterstützung angewiesen. Ohne ausreichende Mittel könnten diese Projekte ins Stocken geraten oder ganz eingestellt werden, was die Fortschritte der letzten Jahre zunichtemachen würde.
Ein Appell für mehr Haushaltsmittel
Es ist unerlässlich, dass die Bundesregierung ihre Verantwortung wahrnimmt und die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit erhöht. Die Kürzungen konterkarieren nicht nur die Sicherheitsstrategie der Bundesregierung, sondern öffnen auch Raum für autoritäre Regime wie China und Russland, die ihre Einflussbereiche ausweiten. Eine starke EZ ist daher nicht nur ein moralisches Gebot, sondern auch ein strategisches Erfordernis.
Die langfristigen Auswirkungen von Haushaltskürzungen auf die internationale Zusammenarbeit könnten weitreichend und gravierend sein:
- Gefährdung erreichter Fortschritte: Kürzungen bedrohen bereits erzielte Erfolge in Bereichen wie Armutsbekämpfung, Hungerbekämpfung, Bildung, globale Gesundheit und Klimaschutz. Jahrelange Anstrengungen und Investitionen könnten zunichte gemacht werden.
- Verschärfung humanitärer Krisen: Reduzierte Mittel für humanitäre Hilfe, wie im Fall Syriens, könnten dazu führen, dass Millionen Menschen den Zugang zu lebensnotwendiger Unterstützung verlieren. Dies könnte bestehende Krisen verschärfen und neue auslösen.
- Schwächung der internationalen Position Deutschlands: Eine Reduzierung der Entwicklungsfinanzierung könnte Deutschlands Rolle als verlässlicher Partner in der internationalen Gemeinschaft untergraben und die regelbasierte internationale Ordnung schwächen.
- Beeinträchtigung der Finanzmarktstabilität: Kürzungen könnten die Unterstützung beim Aufbau stabiler Finanzsysteme in Entwicklungsländern gefährden, was langfristig zu erhöhter Krisenanfälligkeit führen könnte.
- Rückschläge bei sozialer Sicherung: Die Reduzierung der Unterstützung für den Aufbau sozialer Sicherungssysteme in Ländern mit niedrigem Einkommen könnte deren Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Krisen schwächen.
- Verstärkung von Fluchtursachen : Weniger Mittel für Entwicklungszusammenarbeit könnten dazu führen, dass Menschen in Krisenregionen wie Syrien keine Perspektive mehr sehen und zur Flucht gezwungen sind.
- Erhöhte langfristige Kosten: Die kurzfristigen Einsparungen könnten langfristig zu deutlich höheren Kosten führen, da die Bewältigung verschärfter Krisen und der Wiederaufbau von Strukturen teurer sein wird als deren Erhaltung.
- Schwächung der globalen Gesundheitssysteme: Kürzungen könnten die Unterstützung für den Aufbau und die Stärkung von Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern beeinträchtigen, was die globale Gesundheitssicherheit gefährden könnte.
- Rückschläge bei der Gleichstellung: Programme zur Stärkung von Frauen und Mädchen könnten unter den Kürzungen leiden, was langfristige Auswirkungen auf die Geschlechtergerechtigkeit haben könnte.
- Verlust von Vertrauen und Partnerschaften: Die Reduzierung der Mittel könnte das Vertrauen in Deutschlands Engagement für globale Entwicklung untergraben und wichtige Partnerschaften gefährden.
Um diese negativen Auswirkungen zu vermeiden, sollte die Bundesregierung die geplanten Kürzungen überdenken und stattdessen eine stabile, langfristige Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe sicherstellen. Dies würde nicht nur den betroffenen Menschen helfen, sondern auch Deutschlands Position als verantwortungsvoller globaler Akteur stärken.
Bild: VENRO