Bei einer wichtigen Sitzung auf der Hamburg Sustainability Conference am 2. Juni 2025 wurde die entscheidende Rolle der Investition für die nachhaltige Entwicklung diskutiert. Unter dem Titel „Time for Take-Off: The WTO and the Investment Facilitation for Development Agreement“ brachte der interaktive Workshop Entscheidungsträger und Vordenker zusammen, um zu untersuchen, wie das Abkommen über Investitionserleichterungen für Entwicklung (IFDA) Entwicklungsländern zugutekommen kann. Die Sitzung, moderiert von Axel Berger vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS), beleuchtete frühe Umsetzungsschritte und bot einen praktischen Einblick in den laufenden Prozess zur Aufnahme des Abkommens in die WTO-Regelwerke. Zu den Hauptredner*innen gehörten Pamela Coke-Hamilton (International Trade Centre), Jorge Vitorino (Europäische Kommission) und Claudia Locatelli (Welthandelsorganisation).
Der Hintergrund der Diskussion war die weltweite Verknappung öffentlicher Mittel, was die Notwendigkeit unterstreicht, inländische Rahmenbedingungen zu verbessern, um Investitionsflüsse, insbesondere ausländische Direktinvestitionen (FDI), in Schwellenländer zu lenken. FDI bringt nicht nur Kapital, sondern auch Technologietransfer und Management-Know-how. Die Redner hoben hervor, dass die jüngsten globalen Ereignisse den Fortschritt bei der nachhaltigen Entwicklung zunichtegemacht und die Investitionsflüsse verlangsamt haben. FDI-Zuflüsse in Entwicklungsländer sanken im letzten Jahr um 2 %, und in Sektoren, die für nachhaltige Entwicklung entscheidend sind, wie Infrastruktur oder Landwirtschaft, war die Situation sogar noch ernster, mit 11 % weniger FDI-Flüssen. Dies vor dem Hintergrund steigender Anforderungen durch Nahrungsmittelunsicherheit und Konflikte.
Das IFDA wird als Reaktion auf diese Herausforderungen vorgestellt. Es ist das erste globale Abkommen über Investitionserleichterungen, das speziell darauf abzielt, die Transparenz und Vorhersehbarkeit von Investitionspolitiken zu verbessern sowie Investitionsgenehmigungsverfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren. Es stärkt auch Institutionen und Investitionsförderungsagenturen von Entwicklungsländern, um sie besser in die Lage zu versetzen, Investitionen auszuwählen. Das Abkommen konzentriert sich auf praktische Hindernisse, mit denen Investoren konfrontiert sind, und erkennt an, dass starke Institutionen, Rechtsstaatlichkeit und Governance für Investoren einen Unterschied machen. Wichtig ist, dass das Abkommen weder Marktzugang noch Investitionsschutz oder Investoren-Staat-Streitbeilegung abdeckt. Mitglieder bleiben völlig frei, Investitionen im öffentlichen Interesse zu regulieren; das Abkommen macht diese Politiken lediglich transparenter und die Verfahren effizienter.
Ein zentrales Merkmal des IFDA ist seine umfassende Entwicklungsdimension. Es wurde von Entwicklungsländern initiiert und maßgeblich gestaltet mit dem Ziel, nicht nur mehr, sondern bessere, nachhaltigere FDI anzuziehen. Das Abkommen enthält sehr substanzielle Bestimmungen zur Sonder- und Differenzbehandlung, die sich in technischen Assistenz- und Kapazitätsaufbauprogrammen für Entwicklungsländer niederschlagen. Darüber hinaus bietet das IFDA viel Flexibilität, die es den teilnehmenden Entwicklungsländern ermöglicht, zu entscheiden, welche Bestimmungen sie sofort umsetzen können und wo sie mehr Zeit und Unterstützung benötigen, wodurch ein reibungsloser, national prioritätengerechter Umsetzungsprozess ermöglicht wird.
Das IFDA sieht eine Reihe praktischer Maßnahmen vor. Dazu gehören die Förderung der Einrichtung online zugänglicher, zentraler Informationsportale, die umfassenden und kostenlosen Zugriff auf relevante Gesetze und Vorschriften für Investoren bieten. Solche Portale sparen Zeit und Kosten sowohl für Investoren (einschließlich KMU) als auch für Behörden und können das Korruptionsrisiko verringern. Eine weitere Maßnahme ist die Förderung von zentralen Anlaufstellen (Single Entry Points) für die Einreichung von Investitionsanträgen, möglicherweise inklusive Online-Zahlungen. Das Abkommen betont auch die Rolle von Focal Points, oft Investitionsförderungsagenturen, die Investoren helfen, durch komplexe nationale Gesetzgebungen zu navigieren und „Handholding“-Dienste anbieten. Solche gut ausgebildeten Stellen können dazu beitragen, qualitativ hochwertigere Investitionen anzuziehen und kostspielige Streitigkeiten zu vermeiden.
Derzeit befindet sich das IFDA in einem Prozess zur Aufnahme in die WTO-Regelwerke unter Annex 4 des WTO-Abkommens. Dies erfordert die Zustimmung aller WTO-Mitglieder (Konsens), da es sich um eine Änderung des Abkommens handelt. 126 Mitglieder haben bisher die Aufnahme beantragt, doch drei Mitglieder (Indien, Südafrika, Türkei) haben Bedenken geäußert. Die IFDA-Parteien und die Ko-Fazilitatoren arbeiten aktiv daran, diese Bedenken im Vorfeld der Ministerkonferenz im März auszuräumen. Dieser Prozess, so wurde erklärt, ist wie das Öffnen einer Flasche: Das Abkommen ist das Getränk, aber man muss die Flasche öffnen, indem man es in das WTO-System integriert, damit die Mitglieder davon profitieren können.
Mehrere Sprecher hoben die Vorteile des IFDA für die Mitglieder hervor. Erstens hat das Abkommen einen wichtigen Signalwirkung für Investoren, dass ein Land ein zuverlässiger und berechenbarer Partner sein möchte, der aktiv Investitionen anziehen will. Zweitens unterstützt es Länder, Reformen umzusetzen und einen „Whole-of-Government“-Ansatz für Investitionserleichterungen sicherzustellen, wodurch Kohärenz über verschiedene Regierungsstellen und regulatorische Anforderungen hinweg geschaffen wird. Drittens dient es als Auslöser für Kapazitätsaufbau und technische Assistenz, was für die Digitalisierung von Verfahren, die Einrichtung von One-Stop-Shops und die Veröffentlichung von Informationen unerlässlich ist. Es wurde betont, dass sowohl ausländische als auch inländische Investoren von der verbesserten Transparenz und Effizienz profitieren werden.
In der Fragerunde wurden spezifische Aspekte beleuchtet. Auf die Frage, wie ärmere Länder profitieren können, wurde anhand von Beispielen aus Jamaika und Sri Lanka gezeigt, dass die durch das IFDA geförderte Transparenz und Straffung der Verfahren die Abwicklung von Investitionen erheblich beschleunigen kann, was zu erhöhten Investitionsflüssen führt. Auch das EU-Engagement wurde thematisiert; die EU unterstützt das multilaterale IFDA, verfolgt aber auch bilaterale Initiativen wie Clean Trade Investment Partnerships, die über das IFDA hinausgehende Verpflichtungen zur Nachhaltigkeit beinhalten, was als komplementär angesehen wird.
Bezüglich der Integration in globale Wertschöpfungsketten und des Nutzens für Entwicklungsländer wurde darauf hingewiesen, dass das IFDA Elemente enthält, die die Verknüpfung lokaler Zulieferer und Unternehmen mit ausländischen Investoren fördern können. Technische Assistenz kann lokalen Anbietern helfen, ihre Fähigkeiten und Anforderungen zu verbessern, um in diese Ketten integriert zu werden und die positive Wirkung von Investitionen zu maximieren. Die Frage nach der Standardisierung von Daten für Transparenzportale wurde gestellt, um Vergleiche zu ermöglichen; es wurde geantwortet, dass diese Diskussionen noch nicht begonnen haben, aber voraussichtlich im zuständigen WTO-Komitee geführt werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Sitzung das IFDA als ein praktisches und entwicklungszentriertes multilaterales Instrument darstellte, das darauf abzielt, die Investitionslandschaft für Entwicklungsländer durch erhöhte Transparenz, Vorhersehbarkeit und Effizienz zu verbessern. Der Weg zur vollständigen Umsetzung, insbesondere die Integration in das WTO-Regelwerk, erfordert weiterhin gemeinsame Anstrengungen und die Überwindung der verbleibenden Hürden. Die Botschaft der Referenten war klar: Angesichts der globalen Herausforderungen ist es Zeit für das IFDA, „abzuheben“, um Investitionen für eine nachhaltige und inklusive Entwicklung zu ermöglichen.